Selbstschutz – warum er wichtig ist, uns aber auch härter machen kann
In Zeiten hoher Arbeitsbelastung suchen viele nach Wegen, sich zu schützen – vor Stress, Überforderung oder Verletzlichkeit. Der Impuls, sich abzugrenzen, ist absolut verständlich. Selbstschutz ist schließlich eine zentrale Überlebensstrategie: Er hilft uns, Grenzen zu setzen und mit schwierigen Situationen umzugehen.
Doch: Selbstschutz hat eine Schattenseite. Er kann uns auch isolieren oder härter machen – vor allem, wenn wir ihn unbewusst als „Schutzpanzer“ einsetzen.
Wissenschaftliche Perspektive: Selbstschutz und Resilienz
Die Psychologie spricht hier von Abwehrmechanismen. Sie helfen uns kurzfristig, mit Belastungen umzugehen, können aber langfristig zu Distanz und innerer Verhärtung führen.
Studien zeigen:
- Menschen, die starke emotionale Abgrenzung praktizieren, erleben weniger akuten Stress, aber oft auch weniger Verbundenheit mit anderen (Gross, 2002, Emotion Regulation).
- Dauerhafter Rückzug kann soziale Isolation verstärken und das Risiko für Einsamkeit und Burnout erhöhen.
Die Resilienzforscherin Emmy Werner zeigte in ihrer berühmten Kauai-Studie bereits in den 1970er Jahren: Menschen, die in schwierigen Lebensumständen anderen geholfen und soziale Verantwortung übernommen haben, entwickelten eine deutlich höhere Widerstandskraft. Das macht klar: Resilienz bedeutet nicht nur Selbstschutz, sondern auch Verbindung und Fürsorge.
Selbstschutz individuell
Auf persönlicher Ebene ist Selbstschutz wichtig, aber er braucht Balance:
- Gesunde Grenzen setzen: „Nein“ sagen, ohne schlechtes Gewissen.
- Selbstfürsorge ernst nehmen: nicht nur Mauern hochziehen, sondern aktiv Kraftquellen stärken.
- Nicht nur reduzieren, sondern auch aktiv gestalten: Freude, Engagement und Hilfsbereitschaft sind ebenfalls Schutzfaktoren.
Selbstschutz im sozialen Miteinander
In Beziehungen zeigt sich die Ambivalenz besonders deutlich:
- Authentisch kommunizieren: eigene Grenzen benennen, statt sich still zurückzuziehen.
- Vertrauen und Offenheit zulassen: Hilfe annehmen und geben – Resilienz ist ein soziales Phänomen.
- Härte vermeiden: Selbstschutz darf nicht zur Abwehr gegen andere werden.
Selbstschutz ist wichtig, aber er darf nicht zum Rückzug werden. Wahre Resilienz entsteht dort, wo wir klare Grenzen setzen und gleichzeitig Verbundenheit und Hilfsbereitschaft leben. Manchmal ist es eben nicht die Strategie „weniger zu tun“, die uns stärkt – sondern die, anderen beizustehen und gemeinsam durch Belastungen zu gehen.
Wie gelingt dir diese Balance zwischen Selbstschutz und Verbundenheit?