Nein, jetzt wäre es endlich genug: Immer weniger Menschen müssten in immer weniger Zeit immer mehr schaffen. Das ganze Gerede, dass die Menschen nur resilienter werden müssten, wäre doch Augenwischerei und eine Ablenkung vom eigentlichen Problem.
Plötzlich waren wir mitten in der Diskussion über die sogenannte Verhaltens- bzw. Verhältnisprävention. Im Gesundheitsmanagement spielen beide Faktoren eine große Rolle. Tatsächlich haben Untersuchungen gezeigt, dass sehr resiliente Menschen ihre Resilienz sehr schnell verlieren, wenn man sie in ein schädigendes Umfeld setzt. Umgekehrt aber, wenn man Menschen mit wenig Resilienz in ein förderndes Umfeld setzt, zeigen diese plötzlich resilientes Verhalten. Prof. Dr. Juhani Ilmarinen hat das Haus der Arbeitsfähigkeit entwickelt. Er weist dabei ganz klar auf die Wechselwirkung zwischen den individuellen Ressourcen und den Arbeitsanforderungen hin. Es kann und darf nicht darum gehen, Menschen in schlechte Umständen zu sagen: „Wenn du damit nicht klar kommst, ist es dein Problem.“ Deswegen wird in den Führungstrainings Resilienz immer auch systemisch betrachtet: Was braucht ein Team, um resilient zu werden, wie werden Organisationen resilient?

Dennoch – die Welt verändert sich, und der Einzelne muss sich mit verändern, auch in seinen psychischen Bewältigungsmöglichkeiten. So sind zum größten Stressfaktor inzwischen die neuen Medien geworden. Der Mensch muss also lernen, damit richtig umzugehen, sein Verhalten schulen. Es wandeln sich Werte, es wandeln sich Lösungs- und Handlungsmöglichkeiten, es wandeln sich das Denken, die Kommunikation, die Zukunftsvisionen. All diese Veränderungen bewältigt man nur durch eine gute psychische Stabilität, durch Resilienz. Und wer psychisch stark ist, der ist auch in der Lage, die Verhältnisse zu beeinflussen, zu verändern, so dass sie menschenfreundlich und förderlich für alle sind.

Beides ist wichtig, sagte mein Gegenüber am Tisch: Verhaltens- und Verhältnisprävention. Wichtig ist einfach, dass man anfängt.