Team-Meeting, 25 Leute, ein Kollege hat etwas vorbereitet und stellt es nun 45 Minuten vor – alle anderen gemutet, fast alle ohne Kamera. Er stellt Fragen, zögernd klägliche Antworten im Chat. Auch ansonsten kaum Reaktionen. Irgendwann fragt er: Hallo, ist da noch jemand?

Wie gehen wir eigentlich miteinander um in diesen Räumen? Ein Kollege bereitet Inhalte vor, präsentiert sie live, und die anderen? Man kann nur spekulieren: Bearbeiten sie nebenbei noch gerade Mails, gehen mal kurz auf Klo? Seien wir ehrlich: Im Meeting würde sich kein Mensch so verhalten. Warum machen wir das, wenn wir remote miteinander arbeiten? Ist der Vortrag so schlecht? Und wenn das so ist: Warum sagen wir es nicht ehrlich und helfen uns so gegenseitig, uns zu entwickeln? Oder ist der Vortrag wirklich gut, aber eigentlich haben wir ja keine Zeit? Wollen wir mehr als wir können? Noch mehr bearbeiten, mehr schaffen?

Klar, es ist unsere Routine: Fernsehen, Radio, das lassen wir nebenbei laufen, auch manches Webinar, warum nicht. Aber das hier ist live – auch wenn es dem schnöden Abrufen irgendwelcher Videos ähnelt. Wie nennt man das eigentlich, so ein Verhalten? Wie würden Sie es nennen? Ist es respektlos oder ist es nur gedankenlos? Wie fühlt man sich, wenn ein Mensch einem die Aufmerksamkeit nicht wirklich widmet – und möchten Sie bei anderen Menschen so ein Gefühl auslösen?

Genauso wie wir die Nettikette lernen mussten für WhatsApp oder E-Mails, ist es an der Zeit, eine Nettikette zu entwickeln für Remote-Live-Veranstaltungen. Da gelten nämlich andere Regeln als im aufgezeichneten Webinar, als beim Fernsehen oder Rundfunk. Vergessen wir einfach nicht, dass Menschen am anderen Ende sind, die gerade versuchen, mit uns in Beziehung, in Kontakt zu kommen – und das gelingt nur, wenn wir ihnen auch wirklich unsere Aufmerksamkeit geben. Ein Remote-Meeting ist auch ein Teammeeting; das nur nebenbei laufen zu lassen, ist nicht in Ordnung. Es schadet dem Team, dem Miteinander. Deswegen gilt in meinen Remote-Veranstaltungen die Regel: Kamera an und alle anderen Kanäle aus. Dann sind zwar alle auf Distanz, aber mit der Aufmerksamkeit trotzdem zusammen – eben ein Team.

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